Dr. Roland Bernecker

[+]Cover_HS Vol 2_40 Jahre WelterbeAlbert, Marie-Theres; Ringbeck, Birgitta: 40 Jahre Welterbekonvention. Zur Popularisierung eines Schutzkonzeptes für Kultur- und Naturgüter. (Heritage Studies, Vol. 2). Berlin: de Gruyter, 2015. 326 Seiten. ISBN 978-3-11-031237-9.

Preis: 39,95 Euro, Bezug: Buchhandel

Buchbesprechung von Dr. Roland Bernecker, Generalsekretär der Deutschen UNESCO Kommission, Bonn

Die UNESCO-Welterbekonvention von 1972 ist ein Völkerrechtsvertrag, aus dem sich ein prestigeträchtiges Programm zur Auszeichnung von Kultur- und Naturstätten entwickelt hat. Bereits seit vielen Jahren beschäftigen sich Experten mit der Frage, ob der zunehmende Erfolg und die Popularisierung des Welterbe-Programms nicht zu Lasten der Substanz der Konvention geht. Zu den Problemen zählen das insgesamt zu schnelle Wachstum sowie die mangelnde geographische und typologische Ausgewogenheit der Liste, ein unzureichendes Monitoring sowie eine zu starke Politisierung der Entscheidungen über die Aufnahme von Stätten in die Liste.

Marie-Theres Albert und Birgitta Ringbeck sind zwei in der Materie hervorragend ausgewiesene Expertinnen, die sowohl die methodischen Zugänge zum Welterbe als auch die Komplexität der politischen Praxis in der Ausgestaltung der Welterbekonvention bestens kennen. In dem vorliegenden Band geben sie einen umfassenden Einblick in die Entwicklung und Veränderung des Welterbekonzepts von seinem Beginn bis heute. Besonders interessant macht den Band, dass die Autorinnen auch die Diskurse, in denen über das Welterbe gesprochen und verhandelt wird, kritisch ausleuchten und in den letzten Jahren sich abzeichnende Modernisierungsprozesse analysieren. Daher lag es nahe, auch ein substanzielles Kapitel zum Immateriellen Kulturerbe aufzunehmen und seine Bezüge zum Welterbe zu thematisieren.

Diesen Band zeichnet aus, dass er kritische Fragen pointiert aufgreift und mit detaillierten Fallbeispielen illustriert. Das Buch schließt mit dem Appell, das Welterbe viel stärker als ein Gemeingut der Bürgerinnen und Bürger zu betrachten und ihnen die Verantwortung für die nachhaltige Nutzung ihres Erbes stärker zu übertragen. Die Forderung einer umfassenderen Teilhabe der Zivilgesellschaft an der Bewahrung unseres gemeinsamen Kultur- und Naturerbes – über seine Handhabung als politisch-administratives Instrument hinaus – ist in der Tat einer der zentralen Punkte der Entwicklungsstrategie des Konzepts von Welterbe für die nächsten Jahrzehnte.

Die Autorinnen stellen einen hundertseitigen Anhang mit Glossar und wichtigen Referenzdokumenten zur Verfügung, um den Zugang zu erleichtern. Für alle am Thema Interessierten ist dieser reiche Band eine Pflichtlektüre.

 

Dr. Roland Bernecker